Unternehmerische Vorteile durch Wachstumschancengesetz

Nach umfangreicher Überarbeitung hat der Bundesrat am 22. März 2024 das neue Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness, kurz Wachstumschancengesetz, angenommen. Obwohl das Gesetz an sich als positives Signal gewertet wird, werden die enthaltenen Maßnahmen und Fördermittel als unzureichend angesehen.

Langes Ringen um Wachstumschancengesetz

Das Wachstumschancengesetz soll Anreize für Investitionen und Innovation schaffen und für Steuervereinfachungen und Steuerfairness sorgen. Glechzeitig sollten Fördermittel von rund 7 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Auf diese Weise soll die derzeit stagnierende deutsche Wirtschaft wieder angekurbelt werden. Allem voran wollte die Bundesregierung mit Prämien für Energieeffizienzmaßnahmen den Umstieg in saubere und klimafreundliche Technologien unterstützen. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf, der am 17. November 2023 vom Bundestag angenommen wurde, sollten 15% der Fördermittel direkt Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen bezuschussen.

Darüber hinaus sollten zusätzlich zu den Personal- auch die Sachkosten gefördert werden. Die maximale Bemessungsgrundlage sollte verdreifacht werden und damit Förderbeträge steigern. Der Fördersatz sollte für KMU von 25% auf 35% klettern. Der bürokratische Aufwand sollte schrumpfen.

Zu den gestrichenen Leistungen im Gesetz gehört auch die Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen.

Der Bundesrat lehnte den Gesetzesentwurf bei der Abstimmung am 24. November 2023 jedoch ab. Es bestanden Zweifel an der Finanzierbarkeit. Bei der Überarbeitung des Entwurfs durch den angerufenen Vermittlungsausschuss wurden zahlreiche geplante Entlastungen gestrichen. Darunter auch die Prämie für Energieeffizienzmaßnahmen. Insgesamt wurden die Fördermittel von rund 7 Milliarden auf 3,2 Milliarden Euro reduziert. Das Ergebnis bildet vor allem Entlastungen und Anreize für die Bauwirtschaft.

Eine weitere Verzögerung trat auf, da die Unionsfraktion ihre Zustimmung im Bundesrat an eine von der Sache unabhängige Entscheidung der Regierungskoalition knüpfte. Sie wollte die Streichung der Steuervergünstigungen beim Agrardiesel für Landwirte verhindern. Obwohl die Bundesregierung bisher keine konkreten Maßnahmen zur Entlastung der Landwirte vorgelegt hat, erhielt das Wachstumschancengesetz bei der Abstimmung am 22. März doch eine Mehrheit im Bundesrat.

Die wichtigsten Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

Einkommensteuer / Gewerbesteuer

Für einen Verlustvortrag, der einen Betrag von 1 Million Euro (Ledige) bzw. 2 Millionen Euro (Zusammenveranlagung) übersteigt, wird die Prozentgrenze des Verlustvortrags für die Jahre 2024 bis 2027 von 60% des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres auf 70% erhöht. Dies gilt nicht für die Gewerbesteuer.

Für Bewegliche Gegenstände für das betriebliche Anlagevermögen, die zwischen dem 01. April 2024 und dem 01. Januar 2025 angeschafft oder hergestellt werden, besteht die Möglichkeit der degressiven Abschreibung. Jedoch darf der Prozentsatz max. das Zweifache des linearen Abschreibungssatzes betragen und 20% der Anschaffungskosten bzw. des Restbuchwerts nicht übersteigen.

Rückwirkend zum 01. Januar 2024 ist eine Sonderabschreibung für bewegliche Gegenstände des Anlagevermögens von 40% vorgesehen. Diese Sonderabschreibung können Unternehmer zusätzlich zur regulären Abschreibung nutzen.

Die Freigrenze für Geschenke an Kunden und Geschäftspartner wird von bisher max. 35 Euro netto pro Person und Jahr auf 50 Euro netto pro Jahr und Person angehoben. Ausgaben die darüber liegen, dürfen weiterhin nicht als Betriebsausgaben abgezogen.

Umsatzsteuer

Im B2B-Bereich wird die Verwendung elektronischer Rechnungen ab dem 01. Januar 2025 verpflichtend. Unternehmen müssen für den sicheren Empfang und die Archivierung elektronischer Rechnungen sorgen.

Die Grenze für die Soll- bzw. Ist-Besteuerung, also die Umsatzsteuer auf tatsächlich gezahlte Leistungen, steigt von bisher 600.000 Euro auf 800.000 Euro ab dem Jahr 2024.

Obwohl Kleinunternehmen von der Umsatzsteuer befreit sind, mussten sie bisher eine Umsatzsteuererklärung nach § 19 Umsatzsteuergesetz beim Finanzamt einreichen. Diese Regelung entfällt ab dem Jahr 2024. Kleinunternehmer müssen dann nur noch eine Steuererklärung einreichen, wenn das Finanzamt sie explizit dazu auffordert.

Abgabeordnung

Die Obergrenze bei der Einnahmen-Überschussrechnung wird angehoben. Statt bisher max. 600.000 Euro Umsatz und 60.000 Euro Gewinn gilt künftig eine Obergrenze von max. 800.000 Euro Umsatz und 80.000 Euro Gewinn für die Gewinnermittlung.

Kritik am finalen Gesetz

Die verbliebenen Maßnahmen und Fördermittel gelten als zu gering, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Wegen der Reduktion des Fördervolumens von rund 7 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden Euro jährlich zweifeln Kritiker an der Wirksamkeit des Wachstumschancengesetzes. Wie bereits erwähnt, entfiel die Klimaschutz-Investitionsprämie. Darüber hinaus wurden folgende weitere Maßnahmen gestrichen:

  • Mitteilungspflicht für nationale Steuergestaltungen
  • verbesserter einkommensteuerrechtlicher Verlustrücktrag nach § 10d EStG
  • verbesserter gewerbesteuerrechtlicher Verlustvortrag nach § 10a GewStG
  • Anhebung der Grenze für Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)
  • Anhebung der Betragsgrenze für Sammelposten und die Verkürzung der diesbezüglichen Abschreibungsdauer
  • Anhebung der inländischen Verpflegungsmehraufwendungspauschalen
  • Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen

 

Weitere Artikel zum Thema

Normenausschuss „Finanzen“ NAFin gegründet

IECQ-Systeme gegen Greenwashing bei Elektronik

Links und Quellen

Bundestag.de: Bundestag verabschiedet das Wachstums­chancengesetz: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw46-de-wachstumschancengesetz-977904, 04.04.2024

Deutschlandfunk: Bundesrat billigt Gesetz zur Entlastung der Wirtschaft: https://www.deutschlandfunk.de/wachstumschancengesetz-wirtschaft-100.html, 04.04.2024

IHK: Steuerpolitik: Wachstumschancengesetz: https://www.ihk-muenchen.de/de/Service/Recht-und-Steuern/Steuerrecht/Wachstumschancengesetz/, 04.04.2024

Lex Office. Wachstumschancengesetz: https://www.lexoffice.de/gesetzesaenderungen/wachstumschancengesetz/, 04.04.2024

Recht.Bund.de: Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz): https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2024/108/VO.html, 04.04.2024