Haftung bei manipulierten Schutzvorrichtungen

Im Zeitraum 2020 bis 2022 hat die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung DGUV erneut eine Umfrage über die Bereitschaft, Schutzvorrichtungen zu manipulieren, durchgeführt. Eine wesentliche Veränderung seit der letzten Umfrage im Jahr 2006 wurde dabei nicht festgestellt. Dabei können manipulierte Schutzvorrichtungen ernste bis lebensgefährliche Folgen haben. Wesentliche Veränderungen durch solche Manipulationen führen außerdem zu Änderungen in der Haftung.

Manipulierte Schutzvorrichtungen immer noch häufig

Die Befragung von rund 840 Personen ergab, dass zwar 81,4 % zustimmten, dass die Überbrückung von Schutzeinrichtungen verboten und nicht zu tolerieren sei. Dennoch gaben 27,2 % an, dass sie in ihrem Unternehmen von vorübergehenden oder ständigen Manipulationen ausgehen. 1,5 % der Befragten hielten Manipulation bei ausreichender Kenntnis der Maschine sogar für vertretbar.

Besonders häufig werden Maschinen in holz- und metallverarbeitenden Betrieben (BGHM) verändert (39,6 %). Es folgen Betriebe der Bereiche Energie, Textil, Elektro und Medienerzeugnisse (BG ETEM) (23,6 %) und der chemischen Industrie (BG RCI) (22,4 %). Weitere Branchen waren in der Umfrage nicht ausreichend vertreten, um repräsentative Werte zu liefern.

Manipuliert werden bewegliche trennende Schutzeinrichtungen wie verriegelbare Schutztüren (45,4 %), feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen wie Schutzzäune (32,1 %) und nicht trennende Schutzeinrichtungen wie Lichtschranken (14,9 %).

Die Befragung zeigt, dass 25,7 % der Arbeitsunfälle und 27,1 % der Beinaheunfälle auf Maschinen mit manipulierten Schutzeinrichtungen zurückgehen. Die DGUV appellieren deshalb an Unternehmen, die Sicherheit der Mitarbeiter vor Schnelligkeit zu stellen. Oft würden Manipulationen nämlich aus Gründen der Effektivität vorgenommen.

Hauptgrund für Manipulation: Effizienzsteigerung

In den meisten Fällen geht es bei den Veränderungen der Maschine darum, im laufenden Betrieb schneller bei Störungen reagieren zu können und Störungsquellen leichter ausfindig zu machen und zu beheben (63,3 %). Weitere Gründe sind eine schnellere Einrichtung und Einstellung von Maschinen (52,1 %) sowie die Reparatur bzw. Instandsetzung der Maschine (51,1 %). In solchen Fällen geht es z. B. darum, Maschinenbewegungen zu beobachten oder Teilbereiche einer Maschine zu inspizieren.

In etwa der Hälfte der Betriebe (50,8 %) geschieht die Überbrückung mit Kenntnis der Vorgesetzten. Bei der Auswertung der Befragung ergab sich jedoch eine Korrelation zwischen Toleranz und Unfallhäufigkeit. Arbeitsunfälle durch Manipulationen wurden zu 36,8 % in Unternehmen beobachtet, die Manipulation tolerieren. Bei Unternehmen, die Manipulation nicht dulden, wurden 17,9 % der Unfälle beobachtet.

Wesentliche Veränderungen durch Manipulationen

Neben der Gefahr an Leib und Leben für Mitarbeitende, die mit manipulierten Schutzeinrichtungen einhergeht, sollten Unternehmen beachten, dass sich bei einer dauerhaften Veränderung an einer Maschine das Haftungsrecht ändern kann.

Nach der neuen Maschinenverordnung (EU) Nr. 1025/2012  und der neuen Produktsicherheitsverordnung (EU) 2023/988 zählt eine dauerhaft manipulierte Schutzeinrichtung, die bei der Befragung in 10 % aller Betriebe festgestellt wurde, als wesentliche Änderung. Dadurch wird der Betrieb, in dem die Manipulation vorgenommen wurde, zum neuen Hersteller. Daraus wiederum ergibt sich, dass der Betrieb alle Herstellerpflichten wie ein neues Konformitätsbewertungsverfahren übernimmt und bei einem Unfall die zuständigen Behörden informiert.

 

Weitere Artikel zum Thema

Die Maschinenverordnung ist da

Neue Produktsicherheitsverordnung (EU) 2023/988 (GPSR)

 

Links und Quellen

DGUV: Manipulierte Schutzeinrichtungen: https://aug.dguv.de/arbeitssicherheit/manipulierte-schutzeinrichtungen-maschinen/, 22.04.2024

DGUV: Aktuelle Zahlen zum Manipulationsgeschehen: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4645, 22.04.2024

WEKA: Wo werden Schutzvorrichtungen manipuliert und warum?: https://www.weka.de/arbeitsschutz-gefahrstoffe/wo-werden-schutzvorrichtungen-manipuliert-und-warum/?newsletter=as/i/auu/2024/16/1204270/wo-werden-schutzvorrichtungen-manipuliert-und-warum%2Finhalt&chorid=1204270&salesgroup=314, 22.04.2024