Mehr Effizienz durch digitale Normen

Normen liefern wertvolle Vorgaben für die Herstellung, die Qualitätssicherung sowie die Sicherheit von Produkten. Ohne sie wäre unser Wirtschaften unmöglich. Doch während in der Industrie die Automatisierung und Digitalisierung rasch voranschreiten, hinkt das Normwesen hinterher.

Veraltete Dokumentation

In der Regel liegen Normen als Dokumente in Papier oder im PDF- oder HTML-Format vor. In dieser Form sind sie sie jedoch nur schwer automatisch auszulesen oder zu verarbeiten.

Da Normen oft verschiedene Anwendungsfälle beschreiben, keine konkreten Regeln aufstellen und Interpretationsspielraum lassen, müssen sie für jedes Produkt, Bauteil und Material auf relevante Inhalte geprüft und präzisiert werden. Auch müssen Kennwerte in andere Systeme wie z. B. CAD übertragen werden. Dazu kommen der Koordinations- und Abstimmungsprozess zwischen Herstellern, Lieferanten und Laboren. All das von Menschen vornehmen zu lassen kostet Unternehmen enorme Mengen Zeit und Personal und birgt stets die Gefahr von Übertragungsfehlern.

Die Vorteile digitaler Normen

In der Automobilindustrie sind bereits digitale Werksnormen im Einsatz. Die jeweils bis zu 1.000 Werksnormen der großen Hersteller enthalten relevante Inhalte aus unzähligen nationalen und internationalen Industrienormen und regeln intern die technischen Anforderungen, Prüfverfahren und Qualitätsstandards für die eigenen Produkte. In ihrer digitalisierten Form können die Werksnormen in maschinenlesbare Formate wie XML oder JSON überführt werden und so z. B. Daten von einem Konstrukteur direkt im CAD-Modell hinterlegt werden.

Auch Zulieferer und Labore können so leicht auf die Anforderungen an Bauteile und Materialien zugreifen, in automatische Prüfpläne übertragen oder mit den Vorgaben ihrer Auftraggeber abgleichen. Änderungen an einem Herstellungsprozess oder einer Norm selbst können leicht durchgeführt werden, da die Neuerungen problemlos an alle Beteiligten weitergeleitet werden können.

Im Normenmanagement wird der Vergleich zwischen neuen und alten Normenfassungen erheblich vereinfacht, da Unterschiede automatisch ermittelt werden können. Auch lassen sich Abweichungen zwischen nationalen und internationalen Normen oder für Unternehmen relevante Inhalte viel leichter identifizieren.

All das spart sowohl Kosten als auch Arbeitskraft und beugt massiv Übertragungsfehler vor, die bei einer Eingabe per Hand entstehen können. Noch fehlt es jedoch an einem einheitlichen System, das allen Unternehmen zugänglich ist.

Die Entwicklung digitaler Normen läuft

Um bestehende Normen-Dokumente zu digitalisieren, müssen sie in einen Normeneditor übertragen werden. Dienstleister benötigen wiederum Programme, die die digitalen Normen verarbeiten können. Den damit verbundenen Kosten- und Zeitaufwand können sich die meisten Unternehmen nicht leisten, weshalb die Entwicklung von digitalen Normen in Deutschland derzeit überwiegend in der Hand der großen Autobauer liegt.

Das DIN (Deutsches Institut für Normung) und die DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik) haben den Bedarf nach digitalen Normen jedoch ebenfalls entdeckt und wollen die Entwicklung vorantreiben. Zu diesem Zweck wurde die IDiS (Initiative Digitale Standards) gegründet, die mit Vertretern aus Industrie, Wissenschaft und Verbänden Anforderungen an digitale Normen und konkrete Anwendungsfelder erarbeitet:

  • Zugriff auf Referenzen
  • Änderungsbenachrichtigungen
  • Suche nach Norminhalten
  • Änderungs- und Variantenmanagement,
  • Verknüpfung von Normen mit Produkten
  • Management von Norminhalten
  • Verknüpfung von Norminhalten mit gesetzlichen Anforderungen
  • Integration von Norminhalten in Anwendersysteme
  • Anforderungen einer Norm in einem standardisierten Austauschformat
  • Verknüpfung von Norminhalten mit Anwendungsfällen
  • Unterstützung bei Entscheidungsprozessen

Erfahren Sie genaueres über die Anwendungsfälle im IDiS-Whitepaper.

Auf dieser Grundlage wiederum wurde ein mehrstufiger Arbeitsplan erstellt. Zunächst sollen Papierdokumente durch eine Bereitstellung im PDF-Format abgeschafft sowie die Übertragung der Dokumente in das maschinenlesbare XML-Format soll vorangetrieben werden.

Anschließend sollen digitale Normen so gestaltet werden, dass Programme Inhalte wie Anforderungen und Empfehlungen oder Beziehungen zwischen verschiedenen Normen konkret identifizieren und zur Weiterverarbeitung bereitstellen können. Im nächsten Schritt sollen Textinhalte in Normen so mit Informationen zum Anwendungskontext und zum Ausführungsverhalten verknüpft werden, dass Programme diese Inhalte direkt verarbeiten können. Die digitalen Werksnormen einiger Automobilhersteller sind bereits so aufgebaut und können dadurch komplexe Handlungen und Entscheidungsprozesse automatisiert durchführen.

Weitere Artikel zum Thema

Europäische Richtlinien: Wir informieren

INMAS prüft Ihr Normenmanagement

Links und Quellen

Industry-of-things.de: Digitale Normen sind mehr als PDF-Dokumente:  https://www.industry-of-things.de/digitale-normen-sind-mehr-als-pdf-dokumente-a-4a1be2a42c49076f9d0e66b792b77754/, 04.09.2023

Industry-of-things.de: DIN und DKE entwickeln digital bereitgestellte Normen: https://www.industry-of-things.de/din-und-dke-entwickeln-digital-bereitgestellte-normen-a-00e65018d9aeff1e7bfc13c985f8291c/?cflt=rdt, 04.09.2023