Entwurf für neue Spielzeugverordnung

Vor dem Hintergrund des immer weiter wachsenden globalen Handels sowie dem Inkrafttreten der neuen Produktsicherheitsverordnung (EU) 2023/988 hat die Europäische Kommission am 28.07.2023 einen Entwurf für eine neue EU-Spielzeugverordnung veröffentlicht. Diese soll die derzeit gültige EG-Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG ablösen.

Die Überlegung hinter dem Entwurf

Die seit 2009 geltende EG-Spielzeugrichtlinie ist reif für eine Aktualisierung. Die neue Verordnung würde dank zahlreicher Ergänzungen und Konkretisierungen die bisherige Rechtslage verbessern und an die heutigen regulatorischen Anforderungen anpassen. So sieht der Entwurf z. B. eine deutliche Verschärfung bei chemischen Inhaltsstoffen vor. Außerdem soll ein digitaler Produktpass für Spielzeug eingeführt werden, der Auskunft über Herkunft und Konformität gibt.

Gleichzeitig ist eine Verzahnung mit der neuen Produktsicherheitsverordnung (EU) 2023/988 (General Product Safety Regulation – GPSR) geplant, wodurch es zu einer erheblichen Verschärfung bei behördlichen Meldepflichten und der Durchführung von Produktrückrufen kommt.

Nach der Abstimmungsphase sieht der Verordnungsentwurf eine Übergangsfrist von 30 Monaten ab Inkrafttreten vor. Die neuen Vorgaben träten folglich frühestens ab dem Jahr 2027 in Kraft.

Die Spielzeugverordnung im Überblick

Der digitale Pass für mehr Produktsicherheit

Der Verordnungsentwurf sieht vor, die EU-Konformitätserklärung durch einen digitalen Produktpass zu ersetzen. Womöglich wird sie die erste sektorale europäische Harmonisierungsvorschrift, die das tut.

Wie bei der Konformitätserklärung erklärt der Hersteller mit dem digitalen Produktpass, dass seine Spielzeuge den Anforderungen der neuen Spielzeugverordnung sowie allen anderen einschlägigen europäischen Rechtsvorschriften entsprechen. Der Pass wird z. B. durch einen QR-Code zugänglich gemacht.

Neben einem eindeutigen Produktidentifizierungscode enthält der Produktpass Name und Kontaktanschrift des Herstellers, eine eindeutige Unternehmenskennung sowie die Zolltarifnummer und listet alle im Spielzeug enthaltenen und nach der Spielzeugverordnung besonders kennzeichnungspflichtigen bedenklichen Stoffe und Duftstoffe auf.

Als Ersatz für die EU-Konformitätserklärung soll der digitale Produktpass für min. 10 Jahre nach Inverkehrbringen des letzten Exemplars des jeweiligen Spielzeugmodells für Marktüberwachungsbehörden, Zoll und Endkunden gleichermaßen über ein digitales EU-Produktpassregister zugänglich bleiben.

Neue Pflichten für Wirtschaftsakteure

Zu der Kennzeichnung im digitalen Produktpass kommt auch eine Erweiterung der Herstellerkennzeichnung. Es reicht künftig nicht aus, dass Hersteller und Einführer ihren Namen und ihre vollständige Kontaktanschrift auf dem Spielzeug angeben. Eine E-Mailadresse und Telefonnummer werden ebenfalls verpflichtend. Auch müsste nach der Spielzeugverordnung auf der Unternehmens-Website oder über einen anderen Kommunikationskanal ein barrierefreier Zugang eingerichtet werden, über den sich Verbraucher mit sicherheitsrelevanten Beschwerden an das Unternehmen wenden können.

Einführer müssen überprüfen, ob ein solcher Kanal existiert. Gibt es keinen und kommt der in einem Drittstaat ansässige Hersteller dieser Anforderung nicht selbst nach, müssen die Einführer selbst einen einführen.

Verzahnung mit der Produktsicherheitsverordnung

Aus der Verzahnung mit Produktsicherheitsverordnung gehen für Wirtschaftsakteure weitere maßgebliche Pflichten hervor. Hersteller, Einführer und Händler sind verpflichtet, die zuständigen Marktüberwachungsbehörden über ihnen bereits bekannte Unfälle mit ihren auf dem Markt bereitgestellten Produkt zu informieren (Art. 20 GPSR). Bisher bestand diese Pflicht nur, wenn ein Wirtschaftsakteur weiß oder wissen muss, dass von seinem Produkt konkrete Sicherheitsrisiken ausgehen.

Die Maßgaben für Produktrückrufe verschärfen sich ebenfalls. Zukünftig sollen Unternehmen den Verbrauchern bei einem Produktrückruf Entschädigungsmaßnahmen wie kostenlose Reparaturen, kostenlose Ersatzlieferungen oder Wertersatz anbieten, unabhängig vom Alter des zurückgerufenen Produkts. Kritiker befürchten, dass Unternehmen aufgrund dieser Regelung wegen den resultierenden Zusatzkosten auf Produktrückrufe verzichten werden.

Die Ausgestaltung von Rückrufen und vergleichbaren Maßnahmen wurde ebenfalls stärker eingeschränkt. Formulierungen wie „freiwillig“, „vorsorglich“, „in seltenen Situationen“ o. ä. sind künftig verboten (Art. 36 (EU) 2023/988).

CE-Kennzeichnung und Warnhinweise

Es soll Verbrauchern einfacherer gemacht werden, die Sicherheit von Spielzeug zu beurteilen. Daher wurden zusätzliche Vorgaben zur Anbringung der erforderlichen Kennzeichnungen und Warnhinweise getroffen.

Nach der E-Spielzeugverordnung muss die CE-Kennzeichnung künftig auf der Produktverpackung angegeben werden, wenn diese bei einem verpackten Spielzeug andernfalls nicht von außen erkennbar wäre. Erforderliche Warnhinweise, wie der Kleinstkinderalterswarnhinweis („Warnwichtel“), sind außerdem hinter dem CE-Zeichen zu platzieren (Art. 16 Abs. 3).  Zur besseren Verständlichkeit kann das vorweggestellte Wort „Achtung“ durch ein Piktogramm (Ausrufezeichen in einem roten Dreieck) ersetzt werden.

Gesundheitsschutz

Die allgemeinen Sicherheitsanforderungen der E-VO sollen in Zukunft auch die psychologische und geistige Gesundheit von Kindern sowie deren Wohlbefinden und kognitive Entwicklung berücksichtigen (Art. 5). Die bisherigen Anforderungen in Art. 10 der EG-Spielzeugrichtlinie wurden entsprechend erweitert.

Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf den chemischen Inhaltsstoffen. Neben CMR-Stoffen sind künftig auch endokrin wirksame Stoffe (Stoff mit potentieller Wirkung auf das Hormonsystem), atemwegssensibilisierende Stoffe und für bestimmte Organe giftige Stoffe verboten (Anhang II, Teil III). Im Vergleich zur EG-Spielzeugrichtlinie sieht die Verordnung bei den chemischen Anforderungen an Spielzeug einfachere Regeln sowie einige Ausnahmefälle vor.

So gelten etwa für Spielzeugen oder Spielzeugkomponenten für ältere Kinder, bei denen eindeutig jede Gefahr durch Lutschen, Ablecken, Verschlucken oder längeren Kontakt mit der Haut ausgeschlossen werden kann, die sog. Migrationswerte in Anhang II, Teil III nicht.

Links und Quellen