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Vorläufige Einigung über neue EU-Maschinenverordnung erzielt

Im Trilog am 15. Dezember 2022 erzielten die Verhandlungsführer von Parlament und Rat eine vorläufige politische Einigung über die neue EU-Maschinenverordnung, welche die derzeitige Maschinenrichtlinie ersetzen und die Vorschriften an neue Marktentwicklungen und Risiken aus neuen Technologien anpassen wird.

Nach der Einigung sagte der Berichterstatter Ivan Štefanec (EVP, SK): „Heute, nach 18-monatiger Arbeit, haben wir eine Einigung über die Überarbeitung der Maschinenrichtlinie gefunden, die ihren Benutzern mehr Sicherheit und Vorhersehbarkeit durch die Harmonisierung der EU-Märkte für Maschinenbau bringen wird, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen.“

Ivan Štefanec wird auch über den letzten Trilog während der Sitzung des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) vom 23.-24. Januar 2023 berichten.

Es ist bereits davon auszugehen, dass der aktuelle Entwurf dem finalen Verordnungstext sehr nahe ist.
Derzeit ist von einer Vielzahl von Detailänderungen auszugehen.

Die neue Verordnung wird dann am 20. Tag nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten und Unternehmen noch eine Übergangsfrist von 36 Monate einräumen, damit diese sich auf die neuen Anforderungen einstellen können. Ausgenommen von dieser Frist sind die nachfolgenden Artikel:

  • Maschinen und zugehörige Produkte, die in Anhang I aufgeführt sind
    • Artikel 5 (2) bis Artikel 5 (5) – [12 Monate]
  • Notifizierung von Konformitätsbewertungsstellen
    • Artikel 24 bis Artikel 40 – [6 Monate]
  • Übertragene Befugnisse und Ausschussverfahren
    • Artikel 45 – [12 Monate]
  • Sanktionen
    • Artikel 48 (1) – [35 Monate]

Bedeutsame, wesentliche Veränderungen werden dabei sein:

  • Die Bezeichnung „Hochrisiko-Maschinenprodukt“ wird wieder aus Anhang I gestrichen und die „Maschinen und zugehörige Produkte“ in Anhang I, Teil A und B aufgeteilt (vgl. Anhang IV der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG). Maschinen der unterschiedlichen Teile unterliegen spezifischen Konformitätsbewertungsverfahren (Modulen), geregelt in Artikel 21 (2) und (2a).
    Gegebenenfalls muss eine notifizierte Konformitätsbewertungsstellen hinzugezogen werden.
  • Der EU-Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um Anhang I an den technischen Fortschritt und Kenntnisstand oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen, indem sie neue Kategorien aufnimmt oder ein bestehendes Maschinenproduktgruppe aus dieser Liste streicht.
  • Neue sicherheitstechnische Anforderungen im Zusammenhang mit Cybersicherheit und künstlicher Intelligenz (KI) sollen erstmals berücksichtigt werden.
  • Neufassung der Begriffsdefinitionen und Pflichtenkataloge für die Wirtschaftsakteure und Anpassung an das aktuelle Konzept für die Produktregulierung („New Legislative Framework“). Dazu werden behördliche Meldepflichten und weitere Pflichten für Händler eingeführt. Es bietet aber vor allem mehr Rechtssicherheit durch die Anpassung an den aktuellen Rechtsstand.
  • Bei Business-to-Business (B2B) Maschinen sind digitale Betriebsanleitungen zukünftig zugelassen. Papierfassungen müssen dann nur noch auf Wunsch des Endkunden innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Kaufdatum nachgeliefert werden. Diese Möglichkeit wird von der Branche schon lange herbeigesehnt, ihre Umsetzung erfolgt jedoch nur unter erheblichen Einschränkungen.

Trotz der Modernisierung der Vorschriften erscheint der Sprung in die Digitalisierung doch sehr zögerlich. Auch wenn digitale Betriebsanleitungen in Zukunft zulässig sind, bleibt es bei der Verpflichtung Betriebsanleitungen im B2B-Bereich generell und auf Anfrage weiterhin in Papierformat bereitzustellen. Der Ressourcenaufwand wird damit nur unwesentlich gesenkt.
Einige Mitgliedsstaaten hatten Bedenken, dass reine digitale Betriebsanleitungen nicht von jedem Verwender zu jeder Zeit ausreichend zur Kenntnis genommen werden können.
Für Hersteller, die nicht direkt an einen Endkunden liefern, bleibt daher ein unüberschaubarer Zeitraum in dem ggf. kurzfristig umfangreiche Betriebsanleitungen in Papierform geliefert werden müssen.
Wenig zufriedenstellend ist außerdem, dass von einer Synchronisation der EU-Maschinenverordnung mit der europäische KI-Verordnung Abstand genommen wurde. Daraus werden Inkonsistenzen bei Anforderungen an Maschinen mit KI folgen.

 

Weitere Artikel

 

Links und Quellen

Aus der Maschinenrichtlinie wird eine Verordnung

Ziel der Maschinenrichtlinie ist es den Binnenmarkt zu stärken und ein hohes Maß an Schutz für Verwender und andere gefährdete Personen zu gewährleisten. Um dabei keine Innovationen auszuschließen, wurde die Richtlinie „technologieneutral“ formuliert. Im Rahmen eines Reformvorhabens wurde die Maschinenrichtlinie durch REFIT (ein Programm zur Steigerung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung in der EU) überprüft.
REFIT stellte fest, dass die Maschinenrichtlinie zwar eine wesentliche Rechtsvorschrift sei, eine Vereinfachung und Anpassung allerdings notwendig ist.

Dabei wurden durch die REFIT-Bewertung folgende Probleme erkannt:

  1. Rechtsunsicherheit/Unklarheit bzgl. Anwendungsbereich und Begriffsbestimmung
  2. Divergenzen durch innerstattliche Umsetzung
  3. Unzureichende Bestimmung bzgl. Hochrisiko-Maschinen
  4. Unstimmigkeiten mit anderen EU-Vorschriften bzgl. Produktsicherheit
  5. Generelle Sicherheitslücken
  6. Monetäre und ökologische Kosten
  7. Neue Risiken durch aufstrebende Technologien

Um diesen Problemen zu begegnen wurde kürzlich ein Entwurf vorgelegt, der die Maschinenrichtlinie zur Verordnung machen würde.

Diese Formalität führt dazu, dass die Verordnung unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gleichermaßen gilt. Eine Umsetzung, bei der die Mitgliedsstaaten nur hinsichtlich des Ziels gebunden und in der Wahl der Mittel frei sind (wie es bei einer Richtlinie der Fall ist), wird dadurch vermieden.
Außerdem soll eine Anpassung an den New Legislative Framework (NLF) erfolgen, um die Inkonsistenz zwischen harmonisierten Rechtsvorschriften (z. B. mit der Niederspannungsrichtlinie) aufzuheben. Dadurch soll die Funktionsweise und ihre Durchsetzung gestärkt und der Aufwand gesenkt werden.

Zur Beseitigung von Unklarheiten würden Definitionen wie z. B. Maschinenprodukt, unvollständige Maschinen, Hockrisiko-Maschinen, wesentliche Modifikation überarbeitet und Regelungen ergänzt werden. Eine wesentliche Klarstellung würde bereits in der Benennung der Verordnung erfolgen: Aus Maschinen werden Maschinenprodukte. So sollen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dem Sammelbegriff Maschine (jetzt Maschinenprodukt) und „einer bestimmten“ Maschine“ für verschiedene Ausführungszustände verhindert werden.

Um die Kosten zu senken, soll es in Zukunft möglich sein, dass notwendige Maschineninformationen, wie zum Beispiel Nutzungsinformationen (Gebrauchsanleitungen) in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden. Dadurch soll im Zuge des geringeren Papierverbrauchs auch der ökologische Fußabdruck verkleinert werden.

Zur Anpassung an den digitalen Wandel werden autonome mobile Maschinen, künstliche Intelligenz und die Cybersicherheit in die Verordnung aufgenommen. Regelungslücken sollen dadurch in diesen Bereich geschlossen werden.

Damit erfolgt eine Modernisierung der Maschinenrichtlinie voraussichtlich in allen Punkten, die zunächst durch die Evaluierung durch REFIT als überholungsbedürftig festgestellt wurden.


Externe Links:

Reusch Rechtsanwaltsgesellschaft mbH: „Es ist eine Verordnung! Die neue Maschinenverordnung und ihre Implikationen für den Maschinensektor“, https://www.reuschlaw.de/news/es-ist-eine-verordnung-die-neue-maschinenverordnung-und-ihre-implikationen-fuer-den-maschinensektor/,14.12.2021