Konsolidierungsphase zu PFAS-Verbot endet

Anfang des Jahres reichten die EU-Länder Deutschland, Dänemark, Niederlande und Schweden sowie Nicht-EU-Land Norwegen einen Vorschlag zum Verbot von sogenannten PFAS bei der EU-Chemikalienagentur ECHA in Helsinki ein. Am 25. September ging nun die Konsultationsphase des Antrags zu Ende. Es sind über 5600 Kommentare aus der ganzen Welt eingegangen.

Die rund 10.000 Per- und Polyfluoralkylsubstanzen finden sich in unzähligen Alltagsgegenständen.

Warum wird ein PFAS-Verbot gefordert?

Die Abkürzung PFAS steht für Per- und Polyfluoralkylsubstanzen und bezeichnet eine Klasse von gut 10.000 synthetischen Chemikalien. Weil sie durch natürliche Prozesse kaum abbaubar sind und lange in Wasser und Boden verbleiben, werden sie auch „forever chemicals“, also „ewige Chemikalien“ genannt. Sie sind in unzähligen Alltagsgegenständen wie Funktionskleidung, Shampoos, antihaftbeschichtetem Kochgeschirr aber auch in Bauteilen von Wärmepumpen und Generatoren sowie Medizinprodukten enthalten.

Die Risiken durch Ewige Chemikalien für Umwelt und Gesundheit werden vermehrt untersucht.

2022 erschien eine Untersuchung des Deutschen Umweltbundesamtes, nach der die Körper von Kindern und Jugendlichen zu hohe Mengen PFAS enthielten. Im gleichen Jahr ermittelte eine dänische Studie, dass ein frühzeitiges Ausgesetztsein von PFAS im Mutterleib bei Männern die Entwicklung der Hoden beeinträchtigt und die Spermabildung massiv stört. In den kommenden 30 Jahren könnten zudem schätzungsweise 4,4 Millionen Tonnen PFAS in die Umwelt gelangen. Schon jetzt verursachen laut Spiegel durch PFAS verursachte Krankheiten Kosten zwischen 11 und 31 Milliarden Euro.

Vom 22. März an lief durch die wissenschaftlichen Ausschüsse für Risikobeurteilung (RAC) und für sozioökonomische Analyse (SEAC) der ECHA die wissenschaftliche Bewertung des Vorschlags, der die Anforderungen der Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) erfüllte. Die Risiken und sozi-ökonomischen Aspekte durch die Verwendung von PFAS und PFAS-freien Alternativen sollten genau abgewogen werden.

Was gegen ein PFAS-Verbot spricht

PFAS sind wichtiger Bestandteil von nachhaltigen Energieerzeugern wie Solarkollektoren, Windrädern oder Wärmepumpen.

Die Beteiligung an der Konsultationsphase war enorm. Laut ECHA gingen mehr als 5600 Kommentare von mehr als 4400 Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen ein. Da PFAS allgegenwärtig sind und geeignete Alternativen oft fehlen, hätte ein Verbot tiefgreifende Folgen für die EU-weite Wirtschaft. Manche Herstellerbetriebe befürchten ihre Schließung. Für Alltagsgegenstände wie Lebensmittelverpackungen und Allwetterjacken ließen sich Ersatzstoffe finden, der Einsatz von PFAS in der Energie- und Medizintechnik ist bisher jedoch alternativlos. Bei einem Verbot käme die laufende Energiewende zum Erliegen, der medizinische Standard würde sogar zurückgeworfen.

Die positive Auswirkung eines Verbots auf Umwelt und Gesundheit ist wenig umstritten. Viele Hersteller suchen bereits nach Ersatzstoffen. Deren Entwicklung kommt jedoch nur langsam voran. Immerhin decken PFAS ein enorm breites Spektrum an Einsatzmöglichkeiten ab. Verbände aus Wirtschaft und Wissenschaft fordern daher statt eines kompletten Verbots eine differenzierte Beschränkung des PFAS-Einsatzes. Auch muss darauf geachtet werden, dass sich die PFAS-Produktion nicht in weniger regulierte Märkte verlagert und das Problem nur exportiert wird.

Wie lange haben die ewigen Chemikalien noch?

RAC und SEAC sowie die Behörden der Antragssteller-Länder sind nun mit der Auswertung der Konsolidierung beschäftigt. Es wird ermittelt, ob eine Änderung des ursprünglichen Verbotsantrags notwendig ist. Neben den EU-Mitgliedsländern und Ländern im europäischen Wirtschaftsraum gingen auch Kommentare aus den USA und mehreren asiatischen Ländern, wie China und Japan, ein.

Viele der Kommentare sind bereits bearbeitet und auf der Seite der ECHA einsehbar. Die Auswertung soll so schnell, aber auch so sorgfältig wie möglich erfolgen. Voraussichtlich werden die Stellungnahmen von RAC, SEAC sowie den einzelnen Behörden im März 2024 erscheinen. Mit einer Entscheidung über ein PFAS-Verbot durch die EU-Kommission wäre im Jahr 2025 zu rechnen.

 

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Links und Quellen

BAUA: Konsultation zur PFAS-Beschränkung beendet: https://www.baua.de/DE/Services/Presse/Pressemitteilungen/2023/09/pm36-23.html, 04.10.2023

ECHA: ECHA receives more than 5 600 comments on PFAS restriction proposal, https://echa.europa.eu/de/-/echa-receives-5-600-comments-on-pfas-restriction-proposal, 04.10.2023

VDI.de: PFAS-Verbot – ein Umwelt-Dilemma?: https://www.vdi.de/news/detail/pfas-verbot-ein-umwelt-dilemma, 04.10.2023

Spiegel.de: Industrie warnt vor Gefahr für Klimaziele bei Verbot von PFAS-Chemikalien: https://www.spiegel.de/wirtschaft/pfas-chemikalien-industrie-warnt-vor-gefahr-fuer-klimaziele-bei-verbot-von-giftigen-stoffen-a-3fac2f89-d3a7-4568-a0c5-187cd7a738c6, 04.10.2023